Hinter den Buchstaben (German Edition) by Felicitas Brandt

Hinter den Buchstaben (German Edition) by Felicitas Brandt

Autor:Felicitas Brandt [Brandt, Felicitas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-02T05:00:00+00:00


Stunden später, so schien es jedenfalls, saß ich mit vollem Bauch und glücklichem Grinsen an einem prasselnden Feuer inmitten der Verbannten. Es wurde viel gelacht, Krüge mit schäumendem Bier wurden herumgereicht und um einen Schluck hatte ich mich nicht drücken können. Die Männer waren in schallendes Gelächter ausgebrochen, als ich angewidert das Gesicht verzogen hatte. Eine der Frauen, die Mitleid mit mir zu haben schien, brachte mir einen hölzernen Becher Wasser.

Die Reste des Hirsches waren sogfältig weggepackt worden. Sein Fleisch hatte erstaunlich gut geschmeckt. Nichts im Vergleich zu den Avocado-Thunfisch-Sandwiches im George, aber dennoch überaus köstlich.

Die Männer erzählten einander Geschichten und sangen Lieder, deren Texte ich nicht kannte, aber deren Melodien mein Herz berührten. Zwei der Frauen drückten Kinder an sich.

Irgendwie hatte ich gedacht, es wären mehr Menschen hier im Lager. Vielleicht war ich ja am Anfang der Geschichte gelandet. Ob Bruder Tuck schon lange der Bande angehörte? Wo steckte er überhaupt? Sah er wirklich aus wie der Maulwurf in dem Disneyfilm? Und wie hieß Little John wirklich?

Ob Will und Maude schon verheiratet waren? Sicher nicht, sonst wäre seine Laune besser. Und der Sherif … was mochte er für ein Mann sein? Ob ich wohl den Prinzen sehen würde? Sollte ich den Männern sagen, dass Richard, ihr König, zurückkehren würde?

Über meine Träumereien hinweg wurde es dunkel und kleine Sterne erhoben sich über den Baumwipfeln. Ich stand auf, um mir die Beine zu vertreten und mit der Waldtoilette Bekanntschaft zu schließen, als sich plötzlich etwas zu verändern schien. Vielleicht war es nur eine Wolke, die sich vor den Mond geschoben hatte, vielleicht lag es auch an meinen durch Glitzerstaub verpassten neuen Fähigkeiten, aber irgendetwas stimmte nicht. Das spürte ich ganz deutlich.

Eine Gänsehaut kroch mir über den Rücken, als ich einer plötzlichen Eingebung folgend weiter in den Wald vordrang.

»Keine gute Idee«, wisperte die Stimme in meinem Kopf. Doch da mir noch in keinem Robin-Hood-Buch Minotauren, T-Rexe oder ähnlich fiese Geschöpfe begegnet waren, beschloss ich den Buchstaben zu vertrauen.

Ich wartete auf das Gefühl beobachtet zu werden, doch noch blieb es aus. Stattdessen glaubte ich ein Flüstern zu hören und eisige Finger auf meinem Rücke zu spüren. Nebel kratzte an meiner Seele. Irgendetwas war da und es gehörte nicht hierhin.

Vorsichtig bewegte ich mich weiter vorwärts, versuchte mit den Schatten zu verschmelzen, sie wie einen schützenden Mantel um mich zu hängen. Das Flüstern wurde lauter, schien aus allen Richtungen zu kommen. Ich konnte die Worte nicht verstehen, doch es klang kalt, gierig und unsagbar böse.

Unsicher sah ich mich um, glaubte ein Flackern wahrzunehmen, doch dann verschwand es wieder. Ich wünschte mir Sky an meine Seite, lieber noch Liv, auch wenn Sky von seiner Gestalt her vielleicht ein klein wenig mehr Eindruck machen würde. Das Ganze war furchtbar unheimlich.

Etwas strich durch meine Haare und ich unterdrückte einen Schrei, hüpfte wild zur Seite und wedelte mit den Armen. Spinnennetz! Irgendwo knackte es. Sofort erstarrte ich in absoluter Reglosigkeit und spitzte die Ohren.

Das Geflüster war noch immer da, kratzte mit unsichtbaren Fingern an meinen Nerven. Verzweifelt versuchte ich mir die Beschreibung, die das Buch uns von dem Eindringling gegeben hatte, ins Gedächtnis zu rufen.



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